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Wussten Sie schon…. ?

Juni 16, 2012

…dass ich momentan in Macas bin? Ja, richtig gehoert, immer noch in Ecuador. Macas ist eine Dschungelstadt am Ostrand der Anden auf gut 1000m Meereshoehe. Es erinnert mich stark an Tena. Macas ist aber mit knapp 20’000 Einwohnern etwas kleiner und ruhiger. Ausserdem etwas kuehler, wegen der Hoehe.
…dass man von Macas mit etwas Glueck den 5320m hohen Sangay, einer der aktivsten Vulkane Ecuadors, erblicken kann?
…dass die in der Region wohnhaften Indigenen Angehoerige der Shuar oder der Achuar sind?
… dass die Shuars frueher die beruechtigten Hersteller der Schrumpfkoepfe waren? Wird heute jedoch kaum mehr gemacht und wurde ihnen auch verboten…
…dass viele der Staemme sehr abgelegen sind und kaum Kontakt zur Zivilisation haben? In gewissen Gebieten, nahe Puerto Morona, herrschen momentan fast kriegsartige Zustaende. Eigentlich wollte ich in diesen Tagen die 7stuendige Busfahrt nach Morona auf mich nehmen, um die Moeglichkeiten fuer eine Bootsfahrt auf dem Fluss nach Iquitos abzuchecken. Doch dann erfuhr ich von den aktuellen Zustaenden.
Die ‚colones‘ (Zuwanderer) werden im Amazonasgebiet Ecuadors immer haeufiger. Morona war vor 10 Jahren noch ein Kaff mit drei Strohhuetten, mittlerweile ist die Einwohnerzahl auf mehr als 500 angewachsen. Die colones, welche vom Hochland oder der Kueste herkommen, wollen natuerlich Land, um ihr Essen anzubauen. Das Land wird ihnen zugeteilt vom „ecuadorianischen Institut fuer Agrarreform und Kolonisierung“ (ja, das gibt es wirklich!) Das heisst, es gehoert dann offiziell ihnen. Oft wird keine Ruecksicht darauf genommen, dass die Indigenen (in dem Falle die Shuar) schon seit hunderten von Jahren auf diesem Land wohnhaft waren und ihren nomadischen Feldbau betrieben. Somit kommt es zu ernsthaften Konflikten zwischen colones und Indigenen. Vor ca. 1 Monat gab es einen Mord, ausserdem wurden vier Haeuser abgebrannt. Aus Angst vor Ueberfaellen wurde der lokale Transport lahmgelegt und die Leute zogen sich zum Schlafen in den Busch zurueck. Anscheinend sollte eine vermehrte Polizei- und Militaerpraesenz Ruhe schaffen. Da habe ich ueberhaupt keine Lust mehr, dort hinzufahren und mich evt. (alleine durch Anwesenheit) in diese schmutzigen Geschaefte einzumischen. Das ekelt mich an.
… dass die gleiche Geschichte sich in Ecuador immer wieder ereignet? Z.B. mit den Waoranis (die sich selbst Auca nennen). Zur Oelgewinnung wurde von Coca aus eine ‚fadengerade‘ Strasse mitten in den Primaerwald gebaut. Wiederum ohne Ruecksicht auf die Territorien der Waorani. Mit der Strasse kamen die Holzfaeller und die Kolonisten, welchen dann das Land zugeteilt wird. Die Indigenen sind machtlos und muessen sich in andere Gebiete zurueckziehen. Die nichtkontaktierten Voelker haben natuerlich keine Ahnung, welche Gebiete die ihnen ‚zugeteilte‘ Reservate sind. Deshalb kann es schon mal vorkommen, dass auch ausserhalb eines Reservates oder Nationalparks ein Holzfaeller bzw. Oelarbeiter mit Speeren durchloechert wird.

… wo ich vor Macas war? Na, von Vilcabamba aus ging es direkt nach Cuenca, wo ich fuenf Tage blieb. Es ist die wohl schoenste Stadt Ecuadors und zu der Zeit fand auch ein Film Festival und ein mehrtaegiges christliches Fest (corpus christi) statt, welches ziemlich stark gefeiert wurde. Leider war ich auch nach den fuenf Tagen immer noch leicht krank. Als ich dann ueber Alausì nach Riobamba weiterreiste, wurde der Husten wieder so stark, dass ich kurzerhand entschied mich an einen waermeren Ort zurueckzuziehen. Also Macas…
…dass die Zugstrecke ueber die Teufelsnase vor mehr als hundert Jahren gebaut wurde? Sie war Teil der Strecke von Quito nach Guayaquil, welche die zwei groessten Staedte des Landes verband. Zu dieser Zeit wohl ein technisches Meisterwerk. Die Wand ist fast senkrecht, zu ihrer Ueberwindung wurde eine „Zickzacklinie“ in den Stein gehauen, d.h. der Zug wechselt zweimal die Fahrtrichtung waehrend der Durchquerung. Natuerlich gab es bei der Konstruktion viele Tote und die meisten Arbeiter waren Sklaven. Fuer einen Schweizer mit Zugerfahrung ist diese Fahrt nicht mehr ein wirkliches Highlight, dafuer wird man ziemlich abgezockt (Touristenpreis!!!)

…dass ich am Montag wieder nach Cuenca fahre. Nochmal ein paar Tage relaxen und versuchen den Husten unter Kontrolle zu kriegen. Wird wohl unvermeidbar sein, endlich mal zum Arzt zu gehen. Naja, Hauptsache ich bin bald wieder fit. So werde ich Macas nach einer Woche wohl verlassen, ohne einen tieferen Einblick in den Urwald hier gehabt zu haben. An viele Orte kommt man von hier nur mit Leichtflugzeug, das kommt fuer mich nicht in Frage. Dazu habe ich keine Lust auf die ueblichen Touristentouren mit Pflanzenerklaerungen, Chicha-Trinken und Flussbaden. Dazu den Indigenen beim traditionellen Tanz zuschauen, den sie extra fuer die Touristen auffuehren. Solche Situationen beruehren mich jeweils peinlich… (vor allem wenn ich dann noch zum Mittanzen aufgefordert werde, haha). Gerne haette ich mich noch etwas weiter als bisher in den Dschungel hineingewagt, doch mit der oben geschilderten Lage kommt das hier ueber den Land- oder Flussweg nicht in Frage.
… das hier momentan Dschungelstrassen (z.B. Macas-Taisha bzw. Macas-Morona) mit viel Regierungsgeld neu gebaut bzw. ausgebaut werden? Fuer den Tourismus! (Das sagt man zumindest) Auf jeden Fall eine wichtige Einnahmequelle Ecuadors.

Doch zum Geld und zur Regierung vielleicht naechstes Mal. Es gaebe dazu wieder viel Neues zu erzaehlen, Erstaunliches, Interessantes, viel Positives und Schockierendes.
Wartet’s mal ab, bis dann!

P.s. zum Schluss noch eine etwas kuriose Geschichte, die man sich hier in Macas erzaehlt. Vor ca. zwei Jahren kam ein US-Ami mit seinem Motorrad in die Region und liess sich in der Region Macas nieder. Dort lebte er in einer Hoehle und verliebte sich in eine Shuar-Frau. Nachdem ihm diese wahrscheinlich zu langweilig geworden war, fing er was mit ihrer Tochter an. Die Mutter, getrieben von Eifersucht, ging zu ihrem Stamm und ueberzeugte ihresgleichen, diesen Flegel von einem Gringo zu toeten. So endete sein Leben mit 23 Jahren. Wahre Geschichte, vielleicht etwas dramatisiert…